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Bundesrat möchte demokratische Gestaltungsmöglichkeit des Patentsystems
einschränken
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Berlin, 14. Mai 2007 - Der Bundesrat hat sich am Freitag in seiner
Stellungnahme zur Mitteilung "Vertiefung des Patentsystems in Europa" der
Europäischen Kommission für ein Europäisches Übereinkommen über
Patentstreitigkeiten (EPLA) stark gemacht.
Das EPLA sieht vor, eine zentrale Gerichtsbarkeit für Patentstreitigkeiten
einzurichten, die über nationalen Patentgerichten steht. Aufgrund der
organisatorischen und personellen Nähe zum Europäischen Patentamt (EPA) ist
abzusehen, dass die Rechtsprechung des EPLA-Gerichts die in den letzten
Jahren entwickelte Doktrin des EPA weiterführt und zukünftig ohne Korrektur
der Gerichte der Mitgliedsstaaten noch ausbauen wird. So wurden bisher vom
EPA die Grenzen der Patentierbarkeit massiv aufgeweicht und u.a.
Softwarepatente ermöglicht, die seit Jahren zur stetig anwachsenden Flut von
Patentanmeldungen, größtenteils durch Firmen aus nichteuropäischen
Wirtschaftsräumen, beitragen.
Dass laut Stellungnahme "in einigen Punkten Vorgaben des Europarechts
berücksichtigt werden" müssten, umschreibt die zweifelhafte demokratische
Legitimität des EPLA noch schmeichelhaft. Das Europäische Parlament war hier
progressiver und forderte[1] bzgl. des EPLA-Entwurfs im Oktober letzten
Jahres klipp und klar, "dass der vorgeschlagene Text erheblich verbessert
werden muss, wobei es um Anliegen wie die demokratische Kontrolle, die
Unabhängigkeit der Justiz und die Kosten für Streitigkeiten geht".
Stephan Uhlmann vom FFII Deutschland kommentiert: "Der Bundesrat scheint an
demokratischer Kontrolle durch das Europäische Parlament jedoch nicht
besonders interessiert zu sein. Er wählte diejenige Alternative, welche die
zukünftige Ausgestaltung des Patentsystems an die vom EPA abhängige
Gerichtsbarkeit abgeben würde. Das ist für ein Organ unserer demokratischen
Legislative mehr als peinlich."
Dass das EPLA ebenso die Kosten von Patentstreitigkeiten um den Faktor zwei
bis drei erhöhen würde[2], stellt insbesondere für kleine und
mittelständische Unternehmen (KMU) ein Problem dar. Doch auch dieses Problem
interessiert den Bundesrat nicht. Statt dessen wird eine "große
Unterstützung, vor allem von Industrie und Mittelstand" herbeizitiert. Damit
spannt sich der Bundesrat selbst vor den Karren einer Politik des
Bundesjustizministeriums, die durch den von Großkonzernen dominierten BDI
eifrig beklatscht wird. Der Widerstand kleiner und mittelständischer
Unternehmen[3] stößt derweil auf taube Ohren.
Der FFII empfiehlt indessen die am 15. und 16. Mai in Brüssel stattfindende
Europäische Patentkonferenz EUPACO[4], auf der über 30 international
renommierte Experten diskutieren, wie das Europäische Patentsystem zukünftig
besser zu gestalten wäre.
Detaillierte Analyse der Stellungnahme:
http://eupat.ffii.org/07/05/bundesrat11/
Verweise
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[1]
http://press.ffii.org/Press_releases/Eu ... resolution
[2]
http://press.ffii.org/Press_releases/FF ... cy_hearing
[3] http://patentfrei.de/download/resources ... 244-07.pdf
[4] http://www.eupaco.org/
Kontakt
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Diese Pressemitteilung im Internet
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